Immuntherapie bei NSCLC - nicht metastasierte Stadien (adjuvante + neoadjuvante Therapien)
Prof. Dr. med. Frank Griesinger
Zertifizierungsinformationen
- Zertifizierung On-Demand-Beitrag Kategorie I: Tutoriell unterstütze Online-FB mit Lernerfolgskontrolle
- Zertifiziert durch die LÄK Brandenburg
- Zertifiziert im Zeitraum 25.04.2025- 25.04.2026
- Qualifizierung durch Lernerfolgskontrolle
- Wissenschaftliche Leitung: Hans Lennartz
Kurszusammenfassung:
Hinweis: Die Inhalte auf Doctorflix sind ausschließlich für Ärzte und medizinisches Fachpersonal bestimmt. Sie dienen der fachlichen Fortbildung und sind nicht für Laien geeignet.
Die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms: Ein Blick auf neoadjuvante und adjuvante Therapieansätze
Du interessierst Dich für die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) in frühen und lokal fortgeschrittenen Stadien, insbesondere bei Patienten ohne Treibermutationen? Dieses Video bietet Dir einen umfassenden Überblick über die neoadjuvanten und adjuvanten Therapiekonzepte, die in der modernen Onkologie eine immer wichtigere Rolle spielen. Erfahre, wie durch innovative Ansätze die Prognose für Betroffene verbessert werden kann.
Die Evolution der Therapiestrategien beim NSCLC
Die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Früher standen oft rein operative oder strahlentherapeutische Maßnahmen im Vordergrund. Heute wissen wir, dass multimodale Konzepte, die verschiedene Therapieformen geschickt kombinieren, oft zu besseren Ergebnissen führen können. Ein zentraler Aspekt dabei ist die Unterscheidung und der strategische Einsatz von neoadjuvanten und adjuvanten Therapien.
- Neoadjuvante Therapie: Diese Behandlungsform wird vor einer geplanten Operation eingesetzt. Das Ziel ist es, den Tumor zu verkleinern, um die Operabilität zu verbessern und möglicherweise Mikrometastasen – also kleinste Tumorabsiedlungen, die noch nicht sichtbar sind – bereits vor dem Eingriff zu bekämpfen.
- Adjuvante Therapie: Diese erfolgt nach der Operation. Hier geht es darum, eventuell im Körper verbliebene Tumorzellen zu eliminieren und so das Risiko eines Krankheitsrückfalls (Rezidiv) zu senken.
Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapieform sowie deren genaue Ausgestaltung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen das genaue Stadium der Erkrankung, der Allgemeinzustand des Patienten und spezifische Tumoreigenschaften, wie beispielsweise das Vorhandensein bestimmter genetischer Veränderungen (Mutationen). Für Patienten ohne sogenannte Treibermutationen rücken insbesondere Chemo- und Immuntherapien in den Fokus.
Immuntherapie: Eine Revolution auch beim frühen Lungenkrebs
Die Immuntherapie, genauer gesagt der Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren, hat die Behandlung vieler Krebserkrankungen revolutioniert – so auch beim Lungenkarzinom. Diese Medikamente zielen darauf ab, das körpereigene Immunsystem so zu aktivieren, dass es Krebszellen effektiver erkennen und bekämpfen kann.
- Wirkmechanismus: Immuncheckpoint-Inhibitoren blockieren bestimmte "Bremsen" im Immunsystem, die Tumorzellen nutzen, um sich der Entdeckung und Zerstörung durch Immunzellen zu entziehen. Werden diese Bremsen gelöst, kann das Immunsystem seine volle Kraft gegen den Tumor entfalten.
- PD-L1 als Biomarker: Ein wichtiger Biomarker in diesem Zusammenhang ist PD-L1. Die Expression dieses Proteins auf Tumorzellen oder Immunzellen im Tumorgewebe kann Hinweise darauf geben, wie gut ein Patient auf eine Immuntherapie ansprechen könnte.
Im Video werden verschiedene Studien vorgestellt, die den Nutzen von Immuntherapien sowohl in der adjuvanten als auch in der neoadjuvanten und perioperativen (vor und nach der OP) Situation untersucht haben. Es wird deutlich, dass der Zeitpunkt der Immuntherapiegabe eine entscheidende Rolle spielen könnte. Es gibt Hinweise darauf, dass eine präoperative Immuntherapie, also wenn der Tumor noch im Körper vorhanden ist, möglicherweise eine stärkere und vielfältigere Immunantwort auslösen kann als eine rein postoperative Gabe. Man geht davon aus, dass das intakte Tumorgewebe eine größere Menge an sogenannten Neoantigenen präsentiert, die das Immunsystem stimulieren können.
Adjuvante Therapie: Unterstützung nach der Operation
Nach einer erfolgreichen Operation des Tumors kann eine adjuvante Therapie das Rückfallrisiko senken. Lange Zeit war die Chemotherapie hier der Standard. Mittlerweile gibt es auch Zulassungen für Immuntherapien in dieser Situation, basierend auf Studien, die einen Vorteil für bestimmte Patientengruppen gezeigt haben.
- Studienergebnisse: Es werden Daten verschiedener Studien referiert, die den Einsatz unterschiedlicher Immuntherapeutika nach erfolgter Operation und ggf. adjuvanter Chemotherapie untersucht haben.
- PD-L1-Status: Auch hier spielt der PD-L1-Status oft eine Rolle bei der Therapieentscheidung, wobei die Ergebnisse nicht immer einheitlich sind und die Datenlage sich stetig weiterentwickelt.
Es wird diskutiert, dass die Datenlage zur adjuvanten Immuntherapie nicht ganz einheitlich ist, mit einigen positiven Studienergebnissen, aber auch Studien, die keinen klaren Vorteil zeigen konnten. Dies unterstreicht die Komplexität der Therapieentscheidung und die Notwendigkeit, individuelle Patientencharakteristika zu berücksichtigen.
Neoadjuvante und perioperative Konzepte: Die Therapie vor und um die Operation
Ein besonders vielversprechender Ansatz ist die neoadjuvante, oft in Kombination mit einer adjuvanten, also eine perioperative Therapie. Hierbei erhalten die Patienten bereits vor der Operation eine Kombination aus Chemo- und Immuntherapie.
Vorteile des neoadjuvanten Ansatzes:
- Verkleinerung des Tumors, was die Operation erleichtern und die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Tumorentfernung (R0-Resektion) erhöhen kann.
- Frühzeitige Bekämpfung von Mikrometastasen.
- Möglichkeit, das Ansprechen des Tumors auf die Therapie direkt zu beurteilen (pathologische komplette Remission, PCR). Eine PCR, also das vollständige Verschwinden vitaler Tumorzellen im Operationspräparat, gilt als wichtiger prognostischer Faktor.
Im Video wird auf die Bedeutung der pathologischen kompletten Remission (PCR) eingegangen. Patienten, die eine PCR erreichen, haben oft eine deutlich bessere Prognose. Es werden Studien vorgestellt, die zeigen, dass die Kombination aus Chemo- und Immuntherapie die PCR-Raten im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie deutlich erhöhen kann. Interessanterweise scheint der prädiktive Wert einer PCR unabhängig davon zu sein, ob sie durch alleinige Chemotherapie oder durch eine Chemo-Immuntherapie erreicht wurde.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, ob Patienten, die keine PCR erreichen (Non-PCR), von einer fortgesetzten adjuvanten Immuntherapie besonders profitieren könnten. Es gibt erste Hinweise aus Studienanalysen, dass dies der Fall sein könnte, was die perioperativen Konzepte, die eine Immuntherapie sowohl vor als auch nach der Operation vorsehen, weiter stützt.
Die Rolle des Tumorboards und individualisierte Entscheidungen
Die Therapieentscheidung beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom ist komplex und sollte immer im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboards getroffen werden. Hier beraten Experten verschiedener Fachrichtungen (Onkologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Radiologen) gemeinsam über den besten Behandlungsweg für jeden einzelnen Patienten.
Faktoren für die Therapieentscheidung:
- Tumorstadium (u.a. Größe, Lymphknotenbefall).
- Operabilität des Tumors (primär operabel, potenziell operabel, inoperabel).
- PD-L1-Status und Fehlen von Treibermutationen.
- Allgemeinzustand und Begleiterkrankungen des Patienten.
Es wird betont, wie wichtig eine präinterventionelle Kategorisierung der Patienten ist, um die optimale Strategie festzulegen. Dabei kann es auch Unterschiede in der Einschätzung zwischen verschiedenen Zentren oder Chirurgen geben. Für Patienten, die als potenziell operabel eingestuft werden, dann aber nach einer Induktionstherapie doch nicht operiert werden können, stellt oft eine definitive Radiochemotherapie eine wichtige Option dar.
Ausblick und zukünftige Entwicklungen
Die Forschung im Bereich des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms ist sehr dynamisch. Zukünftige Entwicklungen könnten unter anderem den Einsatz von Liquid Biopsies umfassen. Dabei handelt es sich um Bluttests, die zirkulierende Tumor-DNA oder Tumorzellen nachweisen können. Solche Tests könnten helfen, das Ansprechen auf eine Therapie frühzeitig zu beurteilen, das Rückfallrisiko besser einzuschätzen oder Therapieentscheidungen weiter zu individualisieren. Beispielsweise könnte der Nachweis von verbleibender Tumor-DNA nach einer Operation auf ein höheres Rückfallrisiko hindeuten und die Notwendigkeit einer intensivierten Nachbehandlung signalisieren.
Fazit und Dein Weg zu mehr Wissen
Die Behandlung des frühen und lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms ohne Treibermutationen hat durch die Integration von Immuntherapien in neoadjuvante und perioperative Konzepte bedeutende Fortschritte gemacht. Diese Ansätze bieten die Chance auf bessere Behandlungsergebnisse und eine verbesserte Prognose für viele Betroffene. Die Entscheidung für die optimale Therapiestrategie ist komplex und erfordert eine sorgfältige Abwägung im interdisziplinären Team.
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