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Innovative Impfstrategien für das Immunsystem im Alter
Atemwegserkrankungen stellen besonders im Alter eine erhebliche Gesundheitsbelastung dar, da das Immunsystem altert – ein Prozess, der als Immunoseneszenz bekannt ist und anfälliger für Infektionen macht. Doch moderne Impfstrategien bieten neue Wege, um diesen Herausforderungen zu begegnen und Leben zu schützen. Dieser Vortrag beleuchtet die Auswirkungen von Atemwegsinfektionen und stellt innovative Impfansätze vor, die eine effektivere Prävention ermöglichen.
Das Immunsystem im Alter: Was passiert?
Mit dem Alter nimmt die Funktion des Immunsystems ab, was als Immunoseneszenz bezeichnet wird. Dies betrifft sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem.
- Angeborenes Immunsystem: Die Aktivierung von dendritischen Zellen, die für die Antigenpräsentation wichtig sind, nimmt ab. Auch Fresszellen (Makrophagen) werden unzureichend aktiviert, und Entzündungsbotenstoffe sind unspezifisch.
- Erworbenes Immunsystem: Die Thymusdrüse, die für die Reifung der T-Zellen verantwortlich ist, schrumpft mit dem Alter. Dies führt zu einer Abnahme naiver T-Zellen und einer geringeren Fähigkeit, neue Erreger zu erkennen.
- Inflammaging: Eine chronische, unspezifische Entzündung im Körper, die zu Alterungsprozessen von Geweben und Zellen beiträgt.
Die Folgen dieser Veränderungen sind ein erhöhtes Infektionsrisiko und eine geringere Wirksamkeit von Impfungen im Alter.
Influenza: Mehr als nur eine Grippe
Die Influenza wird oft unterschätzt, hat aber weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie ist mit einer Vielzahl von Begleiterkrankungen verbunden, darunter die Verschlechterung bestehender Grunderkrankungen und ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte (um das 10-fache) und Schlaganfälle (um das 8-fache).
Die Influenza-Impfung wird als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren empfohlen. Auch Risikogruppen, medizinisches Personal und Schwangere sollten sich impfen lassen.
Weiterentwickelte Impfstoffe: Um die verminderte Impfwirksamkeit im Alter zu überwinden, wurden spezielle Impfstoffe entwickelt.
- Hochdosierte Impfstoffe enthalten eine höhere Menge an immunogenem Protein und können zu einer bis zu zweifach höheren Antikörpermenge führen. Studien zeigen eine deutliche Reduktion von Herz-Lungen-Ereignissen und Lungenentzündungen durch diese Impfstoffe.
- Adjuvantierte Impfstoffe enthalten Zusätze, die die Immunantwort verstärken. Sie verbessern die Aufnahme des Antigens in die Immunzellen und fördern eine aktivere zelluläre Reaktion. Dies führt zu einer besseren Impfstoffeffektivität, insbesondere bei Personen mit Risikofaktoren.
Diese weiterentwickelten Impfstoffe zeigen eine deutlich bessere Wirksamkeit als traditionelle Standardimpfstoffe, insbesondere bei über 65-Jährigen.
RSV: Eine ernste Bedrohung
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein bedeutendes Atemwegsvirus, das nicht nur Säuglinge und Kleinkinder, sondern auch ältere Menschen stark betrifft. RSV-Infektionen können schwere Entzündungen in den Atemwegen verursachen, die zu Schleimhautödemen und Atemwegsverstopfungen führen können. Die Immunität gegen RSV ist nicht dauerhaft, weshalb Reinfektionen häufig sind.
Bei älteren Personen kann eine RSV-Infektion bestehende Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen verschlimmern und ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden. Im Vergleich zur Influenza führen RSV-Infektionen häufiger zu längeren Krankenhausaufenthalten, Intensivstationsaufnahmen und Lungenentzündungen. Die Sterblichkeit nach einer stationären RSV-Infektion ist deutlich höher als nach einer Influenza-Infektion.
Neue Impfstoffe: In Deutschland sind präventive, aktive Impfungen gegen RSV für ältere Erwachsene zugelassen.
- Dazu gehören zwei proteinbasierte Impfstoffe, die rekombinantes Präfusionsprotein enthalten, teilweise mit Adjuvans.
- Kürzlich wurde auch ein mRNA-basierter Impfstoff zugelassen.
Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt die RSV-Impfung generell für alle ab 75 Jahren und für Risikogruppen ab 60 Jahren.
SARS-CoV-2: Schutz bleibt wichtig
Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung von Impfstoffen gegen Atemwegserreger verdeutlicht. mRNA-Impfstoffe haben sich als wirksam erwiesen, indem sie eine ausgewogene humorale (Antikörper) und zelluläre (T-Zellen) Immunantwort stimulieren.
Es wird empfohlen, dass jeder Erwachsene eine Basisimmunität gegen SARS-CoV-2 besitzt, die durch drei Antigenkontakte (Impfung oder Infektion) erreicht werden kann, wobei mindestens einer eine Impfung sein sollte. Angesichts der ständigen Entwicklung neuer Virusvarianten sind regelmäßige Auffrischimpfungen mit angepassten Impfstoffen notwendig. Diese werden jährlich für Personen ab 60 Jahren und Risikopatienten empfohlen.
Bakterielle Erreger: Nicht vergessen!
Neben Viren spielen auch bakterielle Erreger eine wichtige Rolle bei Atemwegserkrankungen im Alter.
- Pneumokokken: Diese Bakterien können schwere Erkrankungen wie Lungenentzündung und Sepsis verursachen, deren Häufigkeit im höheren Lebensalter ab 60 Jahren zunimmt.
- Ein 20-valenter Konjugat-Impfstoff wurde kürzlich zugelassen und wird als Standardimpfung für alle über 60-Jährigen sowie für erwachsene Risikopatienten und bestimmte Berufsgruppen empfohlen. Dieser Impfstoff verbessert die Immunantwort und das Immungedächtnis.
- Meningokokken: Invasive Meningokokken-Erkrankungen sind für immungeschwächte Personen ein erhöhtes Risiko. Es wurde ein Anstieg bestimmter Serogruppen beobachtet.
- Impfstoffe, die verschiedene Serogruppen abdecken (A, B, C, W, Y), sind verfügbar und wichtig als Indikations- und Reiseimpfung für Risikogruppen.
- Pertussis (Keuchhusten): Obwohl oft vergessen, ist Keuchhusten gefährlich für Säuglinge und ältere Erwachsene.
- Bei älteren Erwachsenen kann die Erkrankung zu Lungenentzündungen, Rippenfrakturen und längeren Krankenhausaufenthalten führen.
- Eine regelmäßige Auffrischimpfung ist hier unerlässlich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Atemwegserkrankungen im Alter eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen. Dank weiterentwickelter Impfstoffe und angepasster Impfstrategien haben wir heute bessere Möglichkeiten, die Gesundheit im Alter zu schützen und zu erhalten.